20 Jahre „Offene Tür“: Der Jugendtreff des TSV Hochdahl leistet seit zwei Jahrzehnten wertvolle Starhilfe für ausländische Kinder und Jugendliche

Somaya aus dem Irak hat durch den TSV Hochdahl den Sprung in ein neues Leben geschafft
Somaya aus dem Irak hat durch den TSV Hochdahl den Sprung in ein neues Leben geschafft

Somaya lernt gerade Schwimmen. Für ein Mädchen aus dem Irak etwas Besonderes. Bei den Mädchentagen der „Offenen Tür“ des TSV Hochdahl  steigt sie ohne Angst ins Becken, probiert aus, wie es ist, sich vom Wasser tragen zu lassen.

Für sein Engagement im Bereich „Integration“ ist der Sportverein aus Erkrath in Nordrhein-Westfalen 2005 mit dem Bundessieg bei den „Sternen des Sports“ ausgezeichnet worden.  Auf diesen Preis ist die Leiterin der „Offenen Tür“ Gabriele Klosa immer noch stolz. Als ein besonders positives Beispiel für die Arbeit in den vergangenen Jahren fällt ihr gleich die 13-jährige Somaya aus dem Irak ein.

Somaya muss schreckliche Erinnerungen verarbeiten: Sie erlebte den Irak-Krieg hautnah. Mitten in Bagdad wohnte sie mit ihrer Familie in einem großen Haus, konnte das Gebäude aber monatelang nicht verlassen. Schüsse und Bomben gehörten zum Alltag. Einige ihrer Freunde starben.

Fast zwei Jahre war das Mädchen aus dem Irak mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter auf der Flucht. Am Schluss endete ihre Odyssee in Hochdahl , einem Stadtteil von Erkrath, in Nordrhein-Westfalen. Vor einem halben Jahr ist auch der Vater Somayas hier angekommen, die Familie endlich wieder vereint. Alle fassen langsam Fuß in Deutschland. Die Mutter besucht einen Integrationskurs, ihre Kinder haben in der deutschen Schule kaum noch Schwierigkeiten. Vor zwei Jahren sah das noch ganz anders aus:

„Ein Lehrer hat Somaya gezielt zu uns geschickt. Sie kam im Unterricht nicht mit, weil sie zu wenig Deutsch konnte und im Irak auch nur zwei Jahre in der Schule war“, erzählt Gabriele Klosa, Leiterin vom Jugendtreff „Offene Tür“ des TSV Hochdahl. Sie und ihr Team haben mehr Zeit als die Betreuer in der Schule, sich um die Kinder und ihre Probleme mit den Hausaufgaben oder der deutschen Sprache zu kümmern. Aber auch Spiel und Spaß kommen nicht zu kurz: Somaya zum Beispiel hat schon bei einem Hip-Hop-Kurs mitgemacht und besucht die Sportgruppe „Fitness für Mädchen“.

„Der Sport spielt bei der Integration eine Schlüsselrolle, egal ob die MigrantInnen unter sich bleiben oder zusammen mit Deutschen Sport treiben“, sagt Klosa. „Denn im Sport gibt es meistens schneller Erfolgserlebnisse als im Unterricht. Außerdem gelten feste Regeln, an die sich alle halten und die leicht zu verstehen sind.“

Ein weiterer Vorteil ist die Erfahrung mit dem eigenen Körper. Das ist gerade für Frauen und Mädchen aus muslimischen Ländern wichtig. „Eines unserer neueren Angebote ist `Gymnastik für muslimische Frauen´“ erzählt Klosa stolz. „Die Gruppe wird von einer jungen Frau geleitet, die ich selbst noch aus der Hausaufgabenbetreuung hier bei uns kenne. Sie stammt aus einer türkischen Familie, ist aber hier aufgewachsen. Nach der Schule haben wir sie aus den Augen verloren. Als wir uns wieder trafen erzählte sie davon, dass sie nach der Ausbildung zur Erzieherin Sozialpädagogik studierte. Nach einem Praktikum bei der „Offenen Tür“ hat sie die Ausbildung zur Übungsleiterin gemacht und die Sportgruppe für muslimische Frauen aufgebaut“, berichtet Klosa.

Überhaupt ruht sich der TSV Hochdahl nicht auf seinen Erfolgen aus, wie dem Gewinn des großen „Stern des Sports“ in Gold 2005. Ständig ist Gabriele Klosa auf der Suche nach neuen Ideen. Im vergangenen Jahr investierte der Verein in ein neues  barrierefreies Sportzentrum, um auch Sport für behinderte Menschen anbieten zu können. „Im vergangenen Jahr haben wir in Nordrhein Westfalen im Bereich „Integrativer Sportverein“ den ersten Platz gemacht“, erzählt  Klosa. „Unter anderem, weil wir uns eben nicht nur auf einen Bereich der Integration beschränken. Es gibt gezielte Sportangebote für Jugendliche, Behinderte und schwer kranke Menschen. Außerdem haben viele unserer Starthelfer selbst einen Migrationshintergrund und wir stellen auch Hartz-IV-Empfänger ein.“

Den „Sternen des Sports“ fühlt sich der Verein  immer noch eng verbunden. „Da haben wir eigentlich zum ersten Mal gemerkt, dass wir etwas Besonderes machen. Die Auszeichnung hat bei uns im Verein viele Steine ins Rollen gebracht“, sagt Klosa. „Wir sind mutiger geworden, immer wieder neue Sachen anzugehen, die wir uns vorher vielleicht nicht zugetraut hätten.“

Der Bundessieg bei den „Sternen des Sports“ hat dem Verein aber auch auf anderer Ebene geholfen: Im vergangenen November lief der Mietvertrag der „Offenen Tür“ aus. „Die Politik hatte nach der vielen öffentlichen Anerkennung gar keine Chance, uns die Verlängerung zu verweigern“, fasst Klosa zusammen. „Aber ich wünsche mir, dass die Politiker in Zukunft noch besser begreifen, welche wichtige gesellschaftliche Arbeit Sportvereine machen – auch was die finanzielle Unterstützung betrifft.“


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