Erst den Kopf anstrengen, dann den Körper

Der Pugilist Boxing Gym Bruchsal e.V. schafft es, motivierte Sportler auch zu guten Schülern zu machen.

"Gehirntraining" am Rande des Boxringes: Hausaufgabenstunde in der Academy (Foto: Verein)
"Gehirntraining" am Rande des Boxringes: Hausaufgabenstunde in der Academy (Foto: Verein)

Der Verein aus Baden hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Schützlinge nicht nur im Boxring, sondern fürs ganze Leben zu trainieren. „Brain & Train“ bedeutet: erst lernen, dann Sport treiben. Die Landesjury zeichnete dieses Angebot mit dem „Großen Stern des Sports“ in Silber 2011 für Baden aus.

Auslöser für „Brain & Train“ war 2008 ein Trainingsverbot für einen 16-jährigen Wettkampfboxer durch dessen Eltern. Seine Leistungen in der Schule ließen nach und sein Verhalten wurde immer aggressiver. Der Verein wiederum wollte nicht auf den talentierten Sportler verzichten – so entstand ein Nachhilfe-Programm, das einmal in der Woche stattfand.

Dieses Angebot sprach sich herum und der Bedarf wurde schnell größer. Inzwischen werden drei Mal wöchentlich bis zu acht Kinder betreut. Mit spürbarem Erfolg. „Alle haben sich bis zum nächsten Zeugnis um mindestens eine Note verbessert“, erklärt Holger Dörr, Geschäftsführer des Vereins. „Oft sind Eltern einfach mit den Hausaufgaben ihrer Sprösslinge überfordert, wenn sie zum Beispiel nicht Deutsch sprechen. Hier leisten unsere Nachhilfelehrer – alles Lehramtsstudenten oder engagierte Eltern – einen entscheidenden Beitrag und haben immer ein offenes Ohr.“

Vom Geräteschuppen zur Academy

Am Anfang fehlten dem Boxverein aber nicht nur die Betreuer, sondern auch der passende Raum. Mit dem steigenden Interesse und dem wachsenden Erfolg musste sich der Verein nach angemessenen Räumlichkeit umschauen.

„Auf unserem recht weitläufigen Gelände gibt es eine Laube, die früher zur Tennisabteilung gehörte und als Abstellkammer diente. Mit Hilfe großzügiger Spenden ansässiger Firmen haben wir aus der Hütte einen Unterrichtsraum gemacht“, erzählt Holger Dörr stolz. So wurden dem Verein das nötige Baumaterial, ein Elektroofen und auch mehrere Computer zur Verfügung gestellt. Die Stadt spendierte Schulbänke und Tafel. In dieser Atmosphäre konnten allein im letzten Schuljahr rund 50 Kinder neben dem Sport auch für die Schule lernen.

Weil es aber um einen Boxverein geht, spielt natürlich auch der Sport eine wichtige Rolle. Grundsätzlich folgt auf die Lern- die Sporteinheit. „Von unseren Vereinsmitgliedern sind viele über den Sport zur Nachhilfe gekommen. Bei den Nicht-Mitgliedern ist es anders herum. Und die meisten entdecken dabei ihre Freude am Sport oder mindestens an der Bewegung“, sagt der Vereinschef.

Wenn die Bundeskanzlerin kommt, heißt das schon was

Ein wenig überrumpelt ist der Verein vom seinem Erfolg bei den „Sternen des Sports“ schon. „Wir haben tatsächlich nicht mit so viel Anerkennung gerechnet“, gibt Holger Dörr zu. „Als Boxverein hat man es nicht immer leicht, da gibt es viele Vorurteile und man wird oft als Schläger-Verein bezeichnet. Diese Aufmerksamkeit, die wir jetzt bekommen, überrascht uns, hat uns viele positive Reaktionen gebracht und auch weitere Unterstützer mobilisiert, die uns bisher nicht kannten.“

Wie bei vielen der Finalisten zählt auch bei den Pugilisten das „Dabeisein“ in Berlin. „Für uns ist unsere Arbeit eigentlich normal und selbstverständlich“, sagt Holger Dörr. „Ob es nun der erste Platz wird oder nicht, wir sind jetzt schon sehr stolz“.

Das Wissen, am 7. Februar der Bundeskanzlerin zu begegnen, versetzt dann aber auch die härtesten Boxer in Aufregung. Holger Dörr freut sich aber vor allem über eines: „Wir wissen ja, was wir machen. Aber so sehen es auch mal alle Anderen.“

(Quelle: wirkhaus)


  • "Gehirntraining" am Rande des Boxringes: Hausaufgabenstunde in der Academy (Foto: Verein)
    "Gehirntraining" am Rande des Boxringes: Hausaufgabenstunde in der Academy (Foto: Verein)