Ein Verein baut sich sein neues Zuhause
Als Folge von steigenden Mitgliederzahlen und zu wenigen und maroden Sportstätten, bauten sich die Sportfreunde Rodgau ihre Sporthalle selbst, gestützt durch das außerordentliche Engagement der Mitglieder. Anfang dieses Jahres wurde der Verein dafür von den „Sternen des Sports“ ausgezeichnet.

02.12.2025

Das ehrenamtliche und freiwillige Engagement bildet das Fundament des Vereinssports in Deutschland. Ohne die Millionen Engagierten wären die vielfältigen Angebote im Freizeit-, Gesundheits- und Wettkampfsport nicht denkbar. Mit unserem Format „Engagement der Woche“ stellen wir regelmäßig Menschen und Vereine vor, die diese tragende Säule des Sports sichtbar machen und dafür von den Sternen des Sports ausgezeichnet wurden. In dieser Woche präsentieren wir die Sportfreunde Rodgau.
Der Sport wächst
Das zeigt die Bestandserhebung 2025. Zu Problemen kommt es allerdings, wenn trotz der steigenden Mitgliederzahlen keine neuen Sportstätten und Sporträume gebaut und dabei die bestehenden dem Verfall überlassen und weder saniert noch ausgebaut werden. Es fehlt an Geld. Ein Problem, welches aktuell viele Sportvereine in Deutschland umtreibt und bis an die Existenznot drängt.
„Die Idee hat sich quasi von selbst entwickelt“
Auch in Rodgau, im Landkreis Offenbach, fehlt es an Sportstätten. Dort entstand in den letzten Jahren die neue Sporthalle der Sportfreunde Rodgau. „Die Idee hat sich quasi von selbst entwickelt“, sagt Rudi Ott, Vorstandsvorsitzender des Vereins rückblickend. „Unsere Mitgliederzahl stieg stark, die alten Räume reichten einfach nicht mehr aus.“ Für Rudi Ott ist der Bau der neuen Halle ein Herzensprojekt. „Bei der Gründung des neuen Vereins Freundeskreis Rodgau im Jahr 2011 waren wir bloß 124 Mitglieder. Nach der Fusion mit dem Radsportverein Rodgau zu den Sportfreunden Rodgau stieg nicht nur die Mitgliederzahl, sondern auch die Nachfrage nach Sporträumen.“ Heute hat der Verein mehr als 1600 Mitglieder und würde ohne Ehrenamtliche nicht existieren. „Beginnend beim Training über die Vereinsfeste und Fastnachtsveranstaltungen bis zum Vorstand: Alles ist ehrenamtlich.“ Im Vergleich zu den Anfangsjahren ist der Verein nun breit aufgestellt. „Neben der Tradition des Radsports, liegt der Fokus vor allem auf Kinderturnen, -tanz und -gymnastik. Doch mit der neuen Halle sind auch Fitness-, Rehasport- und Tanzkurse für alle Altersgruppen möglich“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. „Mittlerweile ist die Halle jeden Tag von früh morgens an ausgebucht.“
Möglich wurde das jedoch erst nach der Fusion der beiden Rodgauer Sportvereine. Der Plan eine neue Halle zu bauen war aufgrund der hohen Mitgliederzahl und der ohnehin schon überlasteten Sporträume in Rodgau durch andere Vereine und dem Schulsport schnell beschlossen. Im Jahr 2017 nahm ein vereinsinternes Planungsteam gemeinsam mit einem Architekturbüro die Arbeit auf. Trotz langwieriger Genehmigungsprozesse hielt der Verein unbeirrt an der Vision fest. Der Bau begann und im Jahr 2020 wurde die Bodenplatte gegossen, kurz darauf prägten die Holzmodule erstmals sichtbar das Bild des neuen Zuhauses. Für Ott ein magischer Moment: „Als die Holzwände standen und dann das Dach draufkam, habe ich nur gedacht: Das ist Wahnsinn, was wir hier machen.“
Unzählige Stunden an Eigenleistung
Parallel zum Bau wuchs jedoch die Herausforderung der Finanzierung. Rund ein Siebtel der Kosten wurde mit öffentlichen Zuschüssen gedeckt, den Großteil musste der Verein selbst stemmen, mit Eigenkapital, Bankkrediten und einer außergewöhnlichen Kraftanstrengung der Mitglieder. Über Spendenaufrufe und Crowdfunding über die Plattform XAVIN wurden mehr als eine halbe Million Euro mobilisiert. Vorstandsmitglieder traten mit Bürgschaften ein. „Beeindruckend“ nennt es Bernd Fritscher, Vorstand Finanzen: „Die Räume, der Bau, die Unterstützungsbereitschaft und die unzähligen Stunden Eigenleistung. Ohne das alles hätten wir ein Projekt dieser Größenordnung nicht bezahlen können.“
Auch Rudi Ott hebt die Unterstützung und den Einsatz der Mitglieder hervor: „Abgesehen von Brandschutz- oder sicherheitstechnischen Baumaßnahmen bauten wir den Großteil selbst. Auch die Instandhaltung übernehmen wir zu großen Teilen in ehrenamtlicher Arbeit.“ Doch auch bei der Finanzierung war der Einsatz der Mitglieder essenziell. „Ohne die Bürgschaft bei den Banken durch Vorstands- und Vereinsmitglieder hätten Kredite und somit das nötige Geld gefehlt.“
Während in den Räumen noch geschraubt und gestrichen wurde, zogen die Sportfreunde im August 2022 in die neue Halle, auch das komplett in Eigenregie. Im Dezember folgte die offizielle Einweihung der rund 3,5 Millionen Euro teuren Sportfabrik.
Mehr als nur eine Sporthalle
Heute bietet die moderne Holzbauhalle auf zwei Ebenen fünf Sporträume, Umkleiden, Büros, einen großen Veranstaltungssaal mit Bühne sowie Bistro und Küche. Besonders die neuen Trainingsräume kommen gut an: „Hell, groß, mit Sportboden und alles unter einem Dach“, sagt Kindertanztrainerin Kathrin Barral. „Die Eltern können ihre Kinder zum Training bringen und parallel selbst Sport machen. Es ist genial.“ Die EVO Sportfabrik hat sich längst zu einem offenen Treffpunkt für Rodgau entwickelt. Neben dem Sport bietet die neue Halle auch Raum für integrative Kinderprojekte wie Ferienzirkus, Musicalwochen oder Weihnachtsaktionen sowie für zahlreiche weitere Veranstaltungen, von Musik- und Gesangsauftritten über Oktoberfestfeiern bis hin zu Tanzcafés, Maskenbällen und Jugenddiscos. Ein großer Teil bildet davon auch die Fastnacht. Im neuen Rodgauer Vereinsheim haben so schon etliche Fastnachtsveranstaltungen stattgefunden.
Ausgezeichnet für gesellschaftliches Engagement
Im November 2024 dann die Krönung des Projekts. Bei der hessenweiten Preisverleihung der „Sterne des Sports“ wurde das Engagement mit einem silbernen Stern honoriert. Zwar verpasste der Verein knapp den Einzug ins Bundesfinale, belegte aber den dritten Platz unter allen hessischen Vereinen. Die Jury würdigte damit ausdrücklich die enorme Eigenleistung und ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Leben in Rodgau.
Mit Blick in die Zukunft ist Rudi Ott positiv gestimmt. Durch den starken Mitgliederzuwachs seien die Sportfreunde trotz der noch abzuzahlenden Kredite finanziell sehr gut aufgestellt. „Seit dem Bau der Halle haben wir weitere 600 Mitglieder dazu gewonnen. Sorgen mache ich mir da eher um die Frage, ob wir, trotz der neuen Halle, langfristig genug Platz haben, um alle Mitglieder befriedigen zu können.“
Das Video zum Projekt
Das Video zum Bauprojekt der Sportfreunde Rodgau gibt es: hier

Bundesfinale 2025 Sterne des Sports
Am 26.01.2026 ab 10.30 Uhr entscheidet sich in Berlin, welcher Verein mit dem „Großen Stern des Sports“ in Gold 2025 ausgezeichnet wird. Die bedeutendste Auszeichnung für gesellschaftliches Engagement von Sportvereinen in Deutschland wird im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung überreicht.










