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Sportverein und Diakonie - Gemeinsam gegen Einsam

Was passiert, wenn Sportverein und Diakonie gemeinsame Sache machen? In Friedrichstal entstand daraus ein Projekt gegen Einsamkeit, das weit über den Vereinssport hinaus wirkt.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

16.12.2025

In einem Speisesaal sitzen ältere Menschen an Tischen und genießen ein gemeinsames Essen. Ein Kellner serviert einem Gast aufmerksam das Essen. Die Atmosphäre ist freundlich und gesellig.
Jeden Donnerstag findet hier im Vereinsheim der Friedrichstaler Mittagstisch statt.

Das ehrenamtliche und freiwillige Engagement bildet das Fundament des Vereinssports in Deutschland. Ohne die Millionen Engagierten wären die vielfältigen Angebote im Freizeit-, Gesundheits- und Wettkampfsport nicht denkbar. Mit unserem Format „Engagement der Woche“ stellen wir regelmäßig Menschen und Vereine vor, die diese tragende Säule des Sports sichtbar machen und dafür von den Sternen des Sports ausgezeichnet wurden. In dieser Woche präsentieren wir den Turnverein Friedrichstal.

Sport und Diakonie laden ein

Wenn der Turnverein und die örtliche Diakonie zum gemeinsamen Mittagstisch einladen, bleibt in der Regel kaum ein Stuhl frei. Was in Zusammenarbeit mit dem Projekt „Verein(t) gegen Einsamkeit“ des Deutschen Olympischen Sportbundes begann, ist nun fester Bestandteil des Vereinslebens des Turnvereins Friedrichstal. „Jeden Donnerstag laden wir in unser Vereinsheim zum Friedrichstaler Mittagstisch ein“, erzählt Michael Nowack, 1. Vorsitzender des Turnvereins Friedrichtal. In dem 5.000-Einwohner-Ort nördlich von Karlsruhe entstand durch das Projekt eine außergewöhnliche Zusammenarbeit mit dem örtlichen Diakonieverein. „Der Mittagstisch wird vom Diakonieverein ausgerichtet und wir beherbergen ihn in unserer Vereinskantine. Gemeinsam setzen wir damit ein starkes Zeichen für Inklusion und soziales Miteinander“, so Nowack. Ziel des Projekts sei es, eine Atmosphäre zu schaffen, die Menschen zusammenführt, soziale Bindungen stärkt und Isolation reduziert. „Insbesondere ältere Menschen, die oft von Einsamkeit betroffen sind, aber auch sozial benachteiligte Familien finden hier nicht nur eine warme Mahlzeit, sondern auch die Möglichkeit, sich in Gesellschaft wohlzufühlen.“ 

  • Porträtfoto
 Michael Nowack

    Für viele unserer Gäste war dies der Wiedereinstieg in den Sport. Durch die Nutzung des Clubraumes sind die Gäste schon im Verein angekommen und fühlen sich wohl.

    Michael Nowack
    1. Vorsitzender
    Turnverein Friedrichstal e.V.

    Michael Nowack hebt besonders das ehrenamtliche Engagement hervor. „Es sind mehr als 30 Ehrenamtliche involviert, größtenteils aus dem Diakonieverein, aber auch aus unserem Verein und sogar ehemalige Gäste. Sie helfen nicht nur beim Aufbau und der Bereitstellung, sondern steuern mit Salaten und Desserts zum Buffet bei.“ Mehr als 40 Stammgäste erscheinen jede Woche und erhalten gegen eine Spende warme Speisen eines lokalen Caterers. „Neben dem gemeinsamen Essen bieten wir verschiedene niedrigschwellige Sportangebote an. Vor allem Sitztanz und Line Dance ist bei unseren älteren Stammgästen beliebt“, berichtet der Vorsitzende und Mit-Initiator des Projekts. „Für viele unserer Gäste war dies der Wiedereinstieg in den Sport. Durch die Nutzung des Clubraumes sind die Gäste schon im Verein angekommen und fühlen sich wohl. Die Hürde im selben Vereinsheim Sport mit denselben Menschen zu treiben ist dementsprechend niedrig.“

    Auszeichnung des Projekts

    Das Projekt „Gemeinsam gegen Einsam“ gewann Ende 2024 einen silbernen „Stern des Sports“ und erreichte den dritten Platz unter allen Vereinen Baden-Württembergs. Die Förderung der körperlichen Aktivität älterer Menschen sowie die Stärkung des sozialen Miteinanders und Bekämpfung der Vereinsamung im Alter hat die Jury beeindruckt. Knapp nur verpasste das besondere Projekt den Einzug ins Bundesfinale. Trotzdem ist das Interesse von außen groß. So wurden in Nachbarorten Friedrichtals die Projektidee übernommen und in abgewandelter Form organisiert. Außerdem stellte das Team des Turnvereins und des Diakonievereins ihr Projekt beim 8. Landesfachtag für Quartiersentwicklung mit dem Thema „Wie kann die Teilhabe älterer Menschen im Quartier gestärkt werden?“ vor.

    „Soziale Projekte sind ein riesiger Mehrwert für uns.“

    Das Projekt war jedoch erst der Anfang der umfangreichen sozialen Arbeit, die der Verein seitdem betreibt. „Soziale Projekte sind ein riesiger Mehrwert für uns. Der Turnverein konnte gemeinsam mit dem Diakonieverein und vielen weiteren dazu gewonnen Partnern in den letzten Jahren mehrere weitere Projekte umsetzen.“ Persönlich sehr bedeutsam ist für Michael Nowack das Projekt „Mortens Licht“. Nach einem Trauerfall im Verein wurde das Themen wie mentale Gesundheit und Depressionen aufgearbeitet und durch ein vielseitiges Angebot aus Informationsveranstaltungen, Workshops und offenen Sportgruppen für einen achtsamen Umgang mit psychischer Gesundheit sensibilisiert. Unterstützt wurde das Projekt dabei unter anderem von der Stadt Stutensee mit der Oberbürgermeisterin als Schirmherrin, der Psychologischen Beratungsstelle Landkreis Karlsruhe und der Robert Enke Stiftung. „Durch die Projekte konnten wir ein mit der Zeit ein Netzwerk aufbauen, welches unser ehrenamtliches Engagement tatkräftig unterstützt“, sagt Michael Nowack. Anfang dieses Jahres hat der Verein außerdem in eine neue Akustikdecke in der Vereinskantine investiert. Die verbesserte Raumakustik macht Gespräche angenehmer und erleichtert vor allem Menschen mit Hörbeeinträchtigungen die Teilhabe. Unterstützt wurde dieses Projekt neben dem großen ehrenamtlichen Einsatz der Helfer*innen von Aktion Mensch, welche circa ein Drittel der Kosten übernahmen. 

    Die Zukunftspläne des Turnvereins sind groß. Im nächsten Jahr stehen mit der Sanierung und Erneuerung eines alten Tennisplatzes zu einer modernen und vielseitigen Outdoor-Multisportfläche sowie einem geplanten Erinnerungscafé zur Sensibilisierung von Demenzkrankheiten weitere große Projekte an. Michael Nowack betont: „Um Projekte wie diese umzusetzen braucht es Ehrenamtliche. In unserem Verein ist alles ehrenamtlich und ohne dieses Engagement wären unsere Vereinsarbeit für die knapp 1.300 Mitglieder und erst recht die Umsetzung solcher Projekte undenkbar.“

    • Eine Gruppe von älteren Menschen sitzt in einem Kreis auf Stühlen und hebt die Arme in die Luft und treiben Sitztanz. Vor ihnen sitzt eine Frau, die sie anleitet. Die Szene vermittelt eine aktive, fröhliche Atmosphäre.
      Der Sitztanzkurs ist einer von vielen Sportangeboten, welche im Rahmen der Projekte gegen Einsamkeit entstanden sind. / Foto: TV Friedrichstal 1899 e.V.
    • Eine Gruppe von neun Personen steht und sitzt zusammen, zeigt Daumen hoch und lächelt. Im Mittelpunkt befindet sich ein Scheck über 1.250 Euro. Die Atmosphäre ist feierlich und fröhlich. Im Hintergrund sind Logos und Banner von Sponsoren sichtbar.
      Die Freude über die Auszeichnung mit einem „Stern des Sports“ ist groß. / Foto: TV Friedrichstal 1899 e.V.
    • Eine Gruppe von Menschen sitzt in einem Raum und hört einem Vortrag zu. Eine Person steht vorne und präsentiert an einer Leinwand, auf der mehrere Punkte dargestellt sind. Die Zuhörer sind unterschiedlich alt und interessiert an dem Thema.
      Großes Interesse zeigt sich auch an den Workshops des Projekts „Mortens Licht“. / Foto: TV Friedrichstal 1899 e.V.
    • Ein Tennisplatz mit Wasserpfützen, umgeben von Bäumen und einer Zaunanlage. Der Himmel ist bewölkt und es scheint, als ob es kürzlich geregnet hat.
      Hier soll der neue „TVF Sportspark“ entstehen, eines der vielen geplanten Projekte des Turnvereins. / Foto: TV Friedrichstal 1899 e.V.

      Sport und Einsamkeit

      Wie hilft Sport bei der Bewältigung von Einsamkeit?

      Regelmäßige körperliche Aktivität trägt dazu bei, Einsamkeit vorzubeugen und zu lindern. Sportvereine können Menschen einen niedrigschwelligen Einstieg ermöglichen und helfen, ein Gefühl der Verbundenheit zu erfahren. 

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      Fit und verbunden gegen Einsamkeit

      Der DOSB setzt sein Engagement zur Bewältigung von Einsamkeit fort. Das Projekt „Fit und verbunden gegen Einsamkeit“ setzt auf die Potenziale des Sports, um Begegnungsräume für Menschen aller Altersgruppen mit erhöhten Einsamkeitsbelastungen zu schaffen.

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      Sterne des Sports Logo

      Bundesfinale 2025 Sterne des Sports

      Am 26. Januar 2026 entscheidet sich in Berlin, welcher Verein mit dem „Großen Stern des Sports“ in Gold 2025 ausgezeichnet wird. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird die bedeutendste Auszeichnung für gesellschaftliches Engagement von Sportvereinen in Deutschland im Rahmen der feierlichen Preisverleihung überreichen.

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