Die schönsten Geschichten schreibt der Sport

Cornelia Schade vom 1. Karate Club Hainichen und die Karate-AG „Fit und selbstbewusst gegen Gewalt“.

Der schwerhörige Nils (Kreismitte) lernt Karate durch optische Reize.
Der schwerhörige Nils (Kreismitte) lernt Karate durch optische Reize.

Cornelia Schade ist Lehrerin an einer Grundschule und dort unter anderem Fachverantwortliche für den Bereich Sport. Seit Jahren beobachtet sie, dass die Leistungen der Jungen und Mädchen im Sportunterricht nachlassen. Gleichzeitig nehmen die Defizite der Kinder bei der Einschulungsuntersuchung zu, und zwar im sportlichen, sprachlichen und mentalen Bereich. Es gibt immer mehr Kinder, die sich nicht genug bewegen, sich nicht ausdrücken und nicht konzentrieren können.

Sport als Therapie

 „Das wollte ich nicht akzeptieren. Ich hatte das Gefühl, dass die Ärzte sich diesem Trend anpassten, indem sie Kindern mit Teilleistungsschwächen wie chronischem Asthma eine Dauerbefreiung für den Sportunterricht gaben. Ich wollte das Gegenteil versuchen“, sagt Cornelia Schade. „Ich bin selbst Asthmapatientin und gelte offiziell als schwer behindert, aber ich kann in meinem Sport und in meinem Beruf trotzdem Leistung bringen. Diese Erfahrung wollte ich auch an die Kinder weitergeben.“

Einmal in der Woche leitet sie eine Karate-AG für Vor- und Grundschüler aus Hainichen und Umgebung. Die Teilnehmerzahl ist auf etwa 25 begrenzt. Oft spricht Cornelia Schade die Kinder auch gezielt auf die AG an, wenn sie zum Beispiel im Unterricht oder in der Turnhalle merkt, dass sie Defizite haben. Aber eigentlich ist der Kurs für alle Interessenten offen.

Anderthalb Stunden pro Woche trainieren die Kinder und ihre Übungsleiterin in der Drei-Felder-Sporthalle in Hainichen. Der Sport ist für die Kinder kostenlos, was zumindest in Sachsen einmalig sei, so Cornelia Schade. „Der Bürgermeister hält uns die begehrten Hallenzeiten kostenlos frei, weil er von unserer Karate-AG und dem Nutzen für die Kinder überzeugt ist“, betont sie.

Sportlich steht die spielerische Bewegung im Vordergrund, aber auch Elemente aus dem Karate fließen ein. Die AG läuft während des gesamten Schuljahres, danach haben die Kinder die Möglichkeit, zum 1. Karate-Club Hainichen zu wechseln und dort das Förderprogramm fortzusetzen.

Voneinander lernen

Der Kurs ist gleichzeitig ein Anti-Aggressions- und Selbstbewusstseinstraining. „Die Kinder mit Teilleistungsschwächen wie ADHS oder Lernbehinderung trauen sich durch die negativen Erfahrungen oft nichts mehr zu, und die eigene Hilflosigkeit gegenüber dem Problem macht sie aggressiv. In der Karate-AG haben sie Erfolgserlebnisse, lernen aber auch Empathie, also sich in andere Kinder hineinzudenken. Sie nehmen Rücksicht aufeinander, helfen sich gegenseitig und wachsen als Gruppe zusammen. Das war besonders gut zu sehen, als wir einmal ein einarmiges Kind dabei hatten“, beschreibt Cornelia Schade die Ziele des gemeinsamen Sports. Gerade bei der Diagnose ADHS würden die festen Rituale der asiatischen Kampfkunst den Kindern helfen, ihre Energie zu kontrollieren und ihre Bewegungen besser zu koordinieren. Mittlerweile machen Ärzte in Hainichen ihre kleinen Patienten und deren Eltern gezielt auf die Karate-AG aufmerksam. Sie schätzen die Verknüpfung von sportlicher und pädagogischer Kompetenz.

Durch Karate zur Klassenbesten

Das macht Cornelia Schade stolz, aber am schönsten sind die Geschichten, die der Sport schreibt, verrät sie: „Gleich am Anfang der Karate-AG wurde ein Mädchen mit der Diagnose Lernbehinderung zu mir geschickt. Unsere Zielvorgabe war es, die Synapsen-Verknüpfung auszubauen, was durch die Überkreuzübungen im Karate sehr gut geht. Inzwischen besucht das Mädchen eine Mittelschule. Sie ist dort Klassenbeste und hat nach der neunten Klasse die Empfehlung, aufs Gymnasium zu wechseln.“

Wenn Träume wahr werden

Seit 2005 feilt Cornelia Schade an dem Konzept der Karate-AG „Fit und selbstbewusst gegen Gewalt“. Heute - acht Jahre später - ist sie davon überzeugt, dass es ausgereift ist. Deshalb hat sie dieses Jahr für den 1. Karate Club Hainichen die Bewerbung bei der Volksbank Mittweida eG für die „Sterne des Sports“ eingereicht und so in Sachsen den „Großen Stern des Sports“ in Silber gewonnen.

Allerdings nicht ganz ohne Hintergedanken, wie Cornelia Schade zugibt: „Seit rund 10 Jahren ist es mein absoluter Traum, einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel zu begegnen. Ich wollte das durch Leistung erreichen. Und die ‚Sterne des Sports’ waren für mich immer eine solche Gelegenheit. Umso mehr freue ich mich, dass dieses Treffen durch den Landessieg bei den ‚Sternen des Sports’ in Sachsen nun wirklich in Erfüllung geht.“

(Quelle: wirkhaus)



  • Der schwerhörige Nils (Kreismitte) lernt Karate durch optische Reize.
    Der schwerhörige Nils (Kreismitte) lernt Karate durch optische Reize.