Eine außergewöhnliche Sportgruppe

Immer samstags trifft sich bei der Turnerschaft Durlach 1848 e.V. eine ganz besondere Handballmannschaft: Die „Durlach Turnados“, die Landessieger der „Sterne des Sports“ 2010 aus Baden, wirbeln durch die Halle, fangen, passen und werfen mit Feuereifer und Ausdauer. Was aber besonders auffällt, ist die gemeinsame Freude, wenn ein schwieriger Spielzug gelingt oder der Torwart einen harten Schuss pariert. Da werden mitten im Training Komplimente ausgetauscht: „Toll hast Du das gemacht“, freut sich Sabrina über das Tor von Uli. „Dein Pass war aber auch super“ gibt der Torschütze zurück.

Ihre Herzlichkeit steckt an

Mehr als 25 Frauen und Männer mit geistiger oder mehrfacher Behinderung spielen bei den „Durlach Turnados“ gemeinsam Handball. Sie sind zwischen 20 und 50 Jahre alt und werden von einem Betreuerteam aus zehn „Normalos“ gecoacht. Projektleiter Mark Ruppert und Sebastian Tröndle zeigen den Spielerinnen und Spielern wie sie sich am besten in der Abwehr bewegen oder wie sie einen Angriff aufbauen. Aber die Gemeinschaft geht weit über die Turnhalle hinaus. Außerhalb des Trainings feiern die Turnados mit und ohne Handicap gemeinsame Feste, besuchen Handball-Bundesligaspiele der Rhein-Neckar-Löwen und feuern die Damen- und Herrenteams der Turnerschaft bei Heimspielen an.

Ihr ungezwungenes, herzliches und lebendiges Auftreten hat den „Durlach Turnados“ mittlerweile in ganz Süddeutschland den Ruf eingebracht, eine „tolle Truppe“ und ein Vorzeigeprojekt in Sachen gleichberechtigter Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Sport und Gesellschaft zu sein. In Baden holten die „Durlach Turnados“ mit diesem Angebot im Bereich Integration/Inklusion den „Großen Stern des Sports“ in Silber. Als Landessieger reisen die Karlsruher im Februar zum Bundesfinale des Breitensportwettbewerbs nach Berlin. Keiner ihrer Fans zweifelt daran, dass sie hier im Publikum genauso lautstark für Stimmung sorgen werden wie sonst in der Halle.

Die Vorbilder kommen aus Sachsen

Gegründet wurden die Durlach Turnados bei den Special Olympics National Games 2008 in Karlsruhe. Geistig behinderte Handballer aus Delitzsch in Sachsen waren damals bei der Turnerschaft Durlach zu Gast. Die Verantwortlichen im Verein schlossen mit Spielern und Betreuern der Gäste schnell Freundschaft und ließen sich von ihrer Begeisterung anstecken. „Integrativen Handball für Menschen mit Handicap, das machen wir auch“, beschloss der Vorsitzende des Vereins Mathias Tröndle. Unterstützt wurde diese Idee von der Durlacher Ortsvorsteherin Alexandra Ries und dem Geschäftsführer des Vereins Humanitäre Botschaft Carsten de la Porte.
Genau neun Monate dauerten die gemeinsamen Vorbereitungen, dann war ein Betreuerteam gefunden, die Finanzierung stand und in verschiedenen Werkstätten und Einrichtungen für Menschen mit Handicap hatte man Neugier und Interesse für den Handballsport geweckt. Den eigentlichen Start gab es im März 2009 bei einem riesigen Handballsportfest in der Durlacher Weiherhofhalle. Seitdem wird bei den „Durlach Turnados“ wöchentlich mit großem Erfolg trainiert. Ein Spieler hat sogar den Sprung in den Kader der dritten Herrenmannschaft des Vereins geschafft.

Das Netzwerk wächst

Über 20 Sportlerinnen und Sportler mit Handicap waren von Anfang an dabei, doch die „Durlach Turnados“ und das Netzwerk, das sie trägt, entwickeln das Angebot immer weiter. Im Mai dieses Jahres hat die Turnerschaft Durlach gemeinsam mit Kooperationspartnern das erste integrative Handballturnier Süddeutschlands ausgerichtet. Im Juni ging es mit zwei Teams zu den Special Olympics National Games in Bremen. „Der Handball ist für uns auch ein wichtiges Mittel dafür, dass Menschen mit Behinderung  ihren angestammten Platz mitten in der Gesellschaft bekommen“, betont Tröndle und möchte andere Vereine dazu bringen, das eigene Engagement nachzuahmen.
Und dieses Ziel, den Gedanken der Integration geistig behinderter Menschen weiter in der Region zu verankern, zeitigt erste Erfolge. So entstanden etwa in Bruchsal nach dem Durlacher Vorbild die „Bruchsaler Habichte“.