Im Rollstuhl zum Fischen

Der Kreisanglerverband Nordfriesland fängt bei der Husumer Volksbank eG den „Großen Stern des Sports“ in Bronze

Die strahlenden Gewinner der "Sterne des Sports" in Bronze 2011 der Husumer Volksbank eG. In der Mitte Jürgen Töllner vom Kreisanglerverband, der auf den ersten Platz kam. (Foto: Husumer Volksbank eG)
Die strahlenden Gewinner der "Sterne des Sports" in Bronze 2011 der Husumer Volksbank eG. In der Mitte Jürgen Töllner vom Kreisanglerverband, der auf den ersten Platz kam. (Foto: Husumer Volksbank eG)

Angefangen hat alles mit einem Kursteilnehmer, der im Rollstuhl sitzt und beim Kreisanglerverband seinen Fischereischein gemacht hat. Jeder, der in Deutschland seine Angel auswerfen möchte, muss diese Qualifikation nachweisen können. Nachdem der Bauzeichner die Prüfung bestanden hatte, warf er im Verband die Frage auf, was er nun machen sollte. Er hatte zwar den Fischereischein, aber ihm fehlte ein geeigneter Platz zum Angeln.

„Da haben wir sofort gesagt, wir helfen Dir“, erzählt Töllner. In enger Zusammenarbeit mit dem gehandicapten Angler entstanden in den vergangenen Monaten gleich vier neue Angelstellen, die auch für Fischer mit Handicap zugänglich sind.

Inklusion muss nicht teuer sein

Seine Erfahrungen hat der Kreisanglerverband auf einer CD mit dem Titel „Angeln mit Handicap? – Na klar!“ zusammen gefasst, die er allen 17 Mitgliedsvereinen zur Verfügung stellt. Darauf finden sie handfeste Tipps – vom Musterbrief an die zuständigen Behörden bis zu konkreten Baumaßnahmen.

„Wir wollen erreichen, dass die Vereine ganz selbstverständlich die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap in ihre Planungen einbeziehen. Wenn ein Steg oder Angelplatz neu errichtet oder umgebaut wird, ist es ein Leichtes, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen: der Angelplatz muss eben, die Oberfläche möglichst glatt sein und vorne sollte es eine Begrenzung geben, damit man nicht ins Wasser fallen kann“, beschreibt Töllner die Vorgehensweise. Allerdings ist der Weg dorthin mit bürokratischen Vorschriften gepflastert. „Wen muss ich fragen? Welche Auflagen gibt es? Wer genehmigt den Bau? Und vor allem welche Fördermöglichkeiten haben wir? Die Infos dazu finden die Vereine auf unserer CD.“

Die Resonanz auf diese Hilfe für die eigene Öffentlichkeitsarbeit ist durchweg positiv. Mit dem Anglerverein aus Husum hat der Verband schon bei den ersten vier Handicap-Angelstellen eng zusammen gearbeitet, inzwischen steht ein fünfter Platz an der Husumer Südermarsch kurz vor der Eröffnung.

Gebärdensprachdolmetscher zum Nulltarif


Aber das Engagement des Kreisanglerverbandes im Bereich Inklusion hat noch eine zweite Säule: Seit Jahren bietet er Fischereikurse für Gehörlose und schwer hörgeschädigte Menschen an. Möglich ist das durch die enge Kooperation mit dem Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerk Husum, bei dem Jürgen Töllner auch selbst beschäftigt ist.

„Ein Auszubildender hat an mich den Wunsch herangetragen, dass er gerne den Fischereischein machen würde. Aber wenn er selbst den Gebärdensprachdolmetscher hätte zahlen müssen, dann wäre er auf mehr als 100 Euro pro Unterrichtseinheit gekommen. Das kann keiner privat aufbringen. Da hat mein Arbeitgeber sofort angeboten, dass die Gebärdensprachdolmetscherinnen aus dem Betrieb diese Aufgabe übernehmen können. Dadurch fallen für die gehörlosen Teilnehmer überhaupt keine Extrakosten an“, erklärt Jürgen Töllner. „Bei uns geht das alles ganz einfach über den persönlichen Kontakt.“

Stolz auf die „namenlosen Stars“

„Wir wollen einfach mehr sein als die Lobby der Angler und uns in Bereichen einbringen, die sonst die öffentliche Hand regeln müsste“, betont Jürgen Töllner, der Vorsitzende des Kreisanglerverbandes. „Mit unserem Engagement möchten wir aber vor allem Vorbild für unsere Mitgliedsvereine sein.“ Die Jury der Husumer Volksbank eG hat die Bewerbung überzeugt. Als Preisgeld flossen für den ersten Platz 1.500 Euro Zuschuss aufs Konto des Verbandes. Die Auszeichnung und der Scheck wurden am 23. August im Kreistagssitzungssaal in Husum überreicht.

Auf Platz zwei, verbunden mit einer Geldprämie von 1.000 Euro, landete der TSV Hattstedt e.V. mit seiner Bewerbung „Inklusionssport in der Region“. Der Sportverein ist eine Kooperation mit der „Arche“ eingegangen, die betreutes Wohnen für Menschen mit Handicap anbietet. Im TSV Hattstedt haben sie ihr sportliches Zuhause gefunden. Auch hier basiert die Zusammenarbeit auf persönlichen Kontakten. Der zweite Vorsitzende des Vereins, Matthias Hansen, arbeitet als Sozialpädagoge bei der „Arche“.

Der dritte Platz und 500 Euro für die Vereinskasse gingen an den TSV Husum 1875 e.V. mit „Kids in die Clubs Husum“. Er setzt sich dafür ein, dass Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen genauso am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, wie Kinder aus Familien mit besseren Einkommensverhältnissen.

„Unsere Sportvereine tragen eine hohe soziale Verantwortung, die oft von Außenstehenden unterschätzt wird. Aufgrund der finanziellen Situation in den öffentlichen Kassen, werden immer mehr Aufgaben auf unsere Sportvereine übertragen, die Zuschüsse hingegen fallen. Das Ehrenamt hat mehr denn je an Bedeutung gewonnen, erhält jedoch selten die Würdigung und Anerkennung, die es verdient hätte“, so Sven Jensen, Marketingleiter der Husumer Volksbank eG, der den Wettbewerb „Sterne des Sports“ seit sechs Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem Kreissportverband Nordfriesland durchführt. Eckhard Rave, Vorstand der Husumer Volksbank eG ergänzte: „Mit diesem Preis möchten wir die ‚namenlosen Stars’ im Hintergrund ehren und den Blick der Öffentlichkeit auf die Region und das Ehrenamt lenken.“

Gespannt warten jetzt alle darauf, wie der Kreisanglerverband in der nächsten Runde abschneiden wird. Durch den ersten Platz hat er sich für das Landesfinale von Schleswig-Holstein um die „Sterne des Sports“ in Silber qualifiziert.


  • Die strahlenden Gewinner der "Sterne des Sports" in Bronze 2011 der Husumer Volksbank eG. In der Mitte Jürgen Töllner vom Kreisanglerverband, der auf den ersten Platz kam. (Foto: Husumer Volksbank eG)
    Die strahlenden Gewinner der "Sterne des Sports" in Bronze 2011 der Husumer Volksbank eG. In der Mitte Jürgen Töllner vom Kreisanglerverband, der auf den ersten Platz kam. (Foto: Husumer Volksbank eG)
  • Rechts im Rollstuhl Frank Schiefelbein, der den Kreisanglerverband auf die Idee brachte, Handicap-Angelstellen einzurichten. Rechts außen: Kreispräsident Albert Pahl, zweiter von links Dirk Mitzloff, Stellvertreter von Dr.U. Hase, dem Landesbeauftragten
    Eröffnung des Handicap-Angelplatzes an der Dreisprungwehle (Foto: Kreisanglerverband)
  • Die Gebärdensprachdolmetscherinnen Undine Thießen (vorne rechts) und Astrid Weirauch unterstützen gehörlose Kursteilnehmer bei der Prüfung für den Fischereischein (Foto: Kreisanglerverband)
    Die Gebärdensprachdolmetscherinnen Undine Thießen (vorne rechts) und Astrid Weirauch unterstützen gehörlose Kursteilnehmer bei der Prüfung für den Fischereischein (Foto: Kreisanglerverband)