Kreativ, innovativ, vielfältig – die Sportwissenschaflterin Dr. Petra Tzschoppe ist vom Spektrum der Bewerbungen bei den „Sternen des Sports“ beeindruckt

Dr. Petra Tzschoppe in ihrem Büro an der Uni Leipzig (Foto: P. Tzschoppe)
Dr. Petra Tzschoppe in ihrem Büro an der Uni Leipzig (Foto: P. Tzschoppe)

Dr. Petra Tzschoppe ist Mitglied im DOSB-Präsidialausschuss Breitensport/Sportentwicklung und Vizepräsidentin Breitensport des Landessportbundes Sachsen. Sie lehrt an der Universität Leipzig im Bereich Sportwissenschaft. Wir haben Sie gefragt, welche Impulse aus Ihrer Sicht vom Wettbewerb „Sterne des Sports“ für die Vereine ausgehen.

Frau Dr. Tzschoppe, welche Bedeutung haben Vereine für den Breitensport?

Die Vereine sind das Fundament des Breitensports, mit ihren Angeboten erfüllen sie die verschiedenartigsten Sportbedürfnisse, die von der Teilnahme an sportlichem Wettkämpfen über den Erhalt von Fitness und Gesundheit bis zu deren Wiederherstellung reichen. Damit erreichen sie Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Herkunft  und leisten so in unserer Gesellschaft auch einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration.

Welche Vorteile genießen die Mitglieder eines Sportvereins gegenüber jemanden, der versucht, sich ohne Vereinsangehörigkeit fit zu halten?
 
Hier haben Sportvereine einiges zu bieten. Da wäre die große Palette an Sportarten, aus der gewählt werden kann, für die es aber meist auch entsprechende Sportgeräte oder Sportstätten braucht. Außerdem üben die Vereinsmitglieder unter der kundigen Anleitung qualifizierter Übungsleiterinnen und Übungsleiter. Die dafür aufzubringenden Vereinsbeiträge sind vergleichsweise gering. Auf keinen Fall zu unterschätzen ist auch der Aspekt des gemeinschaftlichen Sporttreibens, der zum sozialen Wohlbefinden beiträgt und notfalls auch hilft, das persönliche Trägheitsmoment leichter zu überwinden.

Welche Impulse gehen für den Breitensport vom Wettbewerb „Sterne des Sports“ aus?


Dieser Wettbewerb bekräftigt die Sportvereine, sich in einem besonderen Maß für soziale Belange zu engagieren, welches über das reine Sporttreiben weit hinausgeht und von gesellschaftlicher Bedeutung ist. Bei den "Sternen des Sports" stehen einmal nicht sportliche Siege, Medaillen und Rekorde im Blickpunkt, sondern Projekte, mit denen Vereine sich erfolgreich gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Wettbewerbs für das soziale Engagement beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Kinder und Jugendarbeit, Sport für Ältere oder auf den Themenfeldern Geschlechtergleichstellung, Klima- und Umweltschutz oder Ehrenamtsförderung geben so zugleich wichtige Impulse für die Sportentwicklung.

Was beeindruckt Sie besonders, wenn Sie durch die „Sterne des Sports“ von den Initiativen in den Vereinen hören?

Als erstes beeindruckt mich schon das Spektrum der sich bewerbenden Vereine, das reicht von ganz kleinen Vereinen aus strukturschwachen ländlichen Regionen bis zu Vereinen, deren Mitgliederzahl mittlerweile auf mehrere Tausend angewachsen ist und die im Format eines mittelständischen Unternehmens agieren. Und dann fasziniert jedes Jahr aufs Neue, wie kreativ, innovativ und vielfältig die Projekte der Sportvereine ausgelegt sind.

Was glauben Sie, motiviert Menschen dazu, sich ehrenamtlich in Sportvereinen zu engagieren?


Ehrenamtliches Engagement  ist aus vielen Bereichen der Gesellschaft nicht weg zu denken. Für den organisierten Sport ist es eine elementare Voraussetzung seines Funktionierens. Dies ist den Menschen, die sich auf diese Weise über das eigene Sporttreiben hinaus einbringen, durchaus bewusst. Ich sehe darin die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, vielleicht auch das Bestreben, dem Sport etwas von dem zurück zu geben, was man selbst viele Jahre durch das Ehrenamt anderer erhalten hat. Viele Ehrenamtliche im Sport wollen offenbar nicht nur sich selbst, sondern auch für andere etwas bewegen.

Schauen Sie bitte einmal in die Zukunft: Wie wird sich nach Ihrer Einschätzung in den Vereinen das soziale Engagement entwickeln, wird es eher abnehmen oder sogar zunehmen. Und warum?

Ich gehe davon aus, dass sich das soziale Engagement in den Vereinen in Zukunft noch stärker in eine Richtung verändern wird, die bereits jetzt zu erkennen ist. Abzunehmen scheint die Bereitschaft und auch die Möglichkeit ein traditionelles Ehrenamt, etwa eine gewählte Funktion, auf lange Jahre zu übernehmen. Das hat beispielsweise auch mit Veränderungen in den Berufs- und Familienbiografien zu tun. Eine Zunahme sehe ich hingegen, wenn es darum geht, sich für bestimmte Aufgaben oder Projekte freiwillig zu engagieren. Das haben wir in großem Stil etwa bei der FIFA-WM 2006 oder der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin 2009 erlebt. Dies lässt sich aber auch für weniger prominente Vorhaben in den Sportvereinen feststellen.

Was wünschen Sie sich von Seiten der Politik (oder von anderer Seite), um die Arbeit der Sportvereine noch optimieren zu können?


Ich wünsche mir, dass Sport in seiner gesellschaftlichen Dimension noch stärker wahrgenommen wird und in politische Entscheidungen von der kommunalen bis zur Bundesebene entsprechend mit einbezogen wird. Damit Sportvereine ihr großes Potential ausschöpfen können, braucht es eine angemessene Sportinfrastruktur ebenso wie eine öffentliche Wertschätzung des in den Sportvereinen geleisteten sozialen Engagements. Etwas vermessen ist sicherlich der Wunsch, dass jeder Politiker, jede Politikerin die wohltuenden Effekte des Sports als Mitglied eines Vereins aus eigenem Erleben kennen sollte – aber gut fände ich das schon.

Sind Sie selbst sportlich und im Verein aktiv?

Das ist keine Floskel: ich brauche sportliche Aktivität wirklich, um mich wohl zu fühlen. Am liebsten bin ich in der Natur unterwegs, ich laufe leidenschaftlich gern oder fahre mit dem Rad. Um insgesamt in Form zu bleiben, bin ich zudem in einem Leipziger Fitness- und Gesundheitssportverein aktiv, dort habe ich immer noch ein paar Freundinnen im Schlepptau.


  • Dr. Petra Tzschoppe in ihrem Büro an der Uni Leipzig (Foto: P. Tzschoppe)
    Dr. Petra Tzschoppe in ihrem Büro an der Uni Leipzig (Foto: P. Tzschoppe)