Ein Paradies für Grundschüler

Dieses Jahr hat die Sportgrundschule der Freiburger Turnerschaft 1844 e.V. endgültig die staatliche Anerkennung bekommen.

Mathematikunterricht der Spaß macht: In der Sportgrundschule der Freiburger Turnerschaft von 1844 e.V. sind Bewegungsspiele ein wichtiges Element (Foto: Freiburger Turnerschaft)
Mathematikunterricht der Spaß macht: In der Sportgrundschule der Freiburger Turnerschaft von 1844 e.V. sind Bewegungsspiele ein wichtiges Element (Foto: Freiburger Turnerschaft)

„Zum frühest möglichen Zeitpunkt“, wie Schulleiter Günther Giselbrecht nicht ohne Stolz betont. Jetzt baut der Verein ein neues Schulgebäude. Solange das ganze als Modellschule lief waren die Klassenzimmer in Containern untergebracht.

Neun Stunden Sport im Lehrplan

Mit ihrem Angebot „Sportkindergarten und Sportbewegungsgrundschule gegen die Bewegungsarmut“ hatte die Freiburger Turnerschaft 1844 e.V. im Bundesfinale der „Sterne des Sports“ in Gold 2006 den zweiten Platz belegt. Das Preisgeld hat der Verein natürlich auch in die neue Grundschule gesteckt. Im Herbst 2007 ging die erste Klasse der privaten Grundschule des Vereins an den Start, im Stundenplan stehen neun Stunden Sport pro Woche. Mittlerweile hat sich das bundesweit einmalige Konzept aus Lernen und Bewegung in der Praxis bewährt. Mit Ende dieses Schuljahres ist der erste komplette Zyklus von Klasse eins bis vier abgeschlossen.

Das bewegte Kind

„Wir haben bewiesen, dass unsere Schülerinnen und Schüler nicht nur sportlich sind, sondern auch intelligent“, erzählt Giselbrecht. „Wir hatten uns nämlich freiwillig an den bundesweiten VERA Vergleichstests beteiligt und in Mathe und Deutsch hat unsere dritte Klasse überdurchschnittlich gut abgeschnitten.“

Das pädagogische Konzept der Schule ist „das bewegte Kind“. Dabei soll die Bewegung nicht isoliert für sich stehen, sondern in den Unterricht einbezogen werden. Durch die Verknüpfung von motorischen und kognitiven Elementen will die Schule ganz bewusst ein intensives Lernen durch Verstehen fördern. Ein Beispiel dafür ist das Zahlenland, ein ganzheitlich bewegtes Mathematik-Lernprojekt, das in Kooperation mit Professor Gerhard Preiß von der PH Freiburg entwickelt wurde. Die Kinder erleben in ihren Mathestunden einen ganz anderen Zahlen- und Mengenbegriff als in anderen Schulen. Aber es gibt noch mehr Unterschiede.

Bewegung auch am Vormittag

„Wir sind eine echte Ganztagsschule, das heißt alle Kinder und Lehrer sind unter der Woche von 8:00 bis 16:00 Uhr da, nur am Freitag kann man fakultativ schon um 14 Uhr gehen“, so der Schulleiter. „Das erlaubt es uns, den Tag zu rhythmisieren. Der Schulalltag der Kinder wechselt immer wieder zwischen Unterricht, Bewegung und Pause. Bei uns gibt es also auch nachmittags Mathe- oder Deutschstunden. In vielen anderen Ganztagsgrundschulen ist der Unterricht auf den Vormittag beschränkt.“

Feste Bezugspersonen

Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das individuelle Lernen. „Das Kind wird als Kind wahrgenommen und nicht als Schüler“, unterstreicht Giselbrecht. „In jeder Klasse gibt es von Anfang an eine Klassenlehrerin oder einen Klassenlehrer und eine pädagogische Assistenz. Diese Zweierteams begleiten die Kinder durch den gesamten Tag. Außerdem finden jede Woche vier Projektstunden mit einer Tandemlehrerin oder einem Tandemlehrer statt.

So werden die Kinder nicht nur in Kleingruppen besonders intensiv gefördert. Man hat so auch gleich einen zweiten Lehrer als Feuerwehr etabliert, der im Notfall für den Klassenlehrer einspringen kann und für die Kinder ebenfalls eine bekannte Bezugsperson ist. Die Wissenschaft hat mittlerweile nämlich auch nachgewiesen, dass als Basis für gesundes Lernen auch `Beziehung´ ganz wichtig ist. Das heißt nicht, dass man jedes Kind gleich viel lieben muss, aber jedes Kind soll Zuwendung, Respekt und Anerkennung erfahren.“

Das Ziel: Ein gelungener Mix

Kein Wunder, dass die Warteliste für die Sportgrundschule lang ist. „Jedes Jahr haben wir zwischen 70 und 100 Anmeldungen für die 23 Plätze in der ersten Klasse“, berichtet Giselbrecht. Wer am Ende einen der begehrten Plätze bekommt, entscheidet sich in einem Prozess über mehrere Stufen. „Am Anfang steht ein Elterngespräch und der Schulreifetest der Kinder, danach gibt es ein Treffen mit mir und der Familie und am Ende veranstalten wir einen Schul-Schnuppertag mit je einer Stunde Schule und einer Stunde Sport. Danach treffen wir unsere Entscheidungen.

Dabei ist uns ein guter Mix der Schülerinnen und Schüler wichtig. Wir wollen möglichst ein Gleichgewicht aus Jungen und Mädchen, unter ihnen sollen sportferne Kinder genauso ihren Platz haben wie Sporttalente, aber auch eine Mischung was die Elternhäuser angeht, liegt uns am Herzen. Die Berufe der Eltern reichen vom Handwerker bis zum Hochschulprofessor.“

290 Euro Schul- und 60 Euro Essensgeld fallen pro Schülerin und Schüler monatlich ins Gewicht. Wer unter der Einkommensgrenze liegt, die die städtischen Kindergärten ansetzen, kann 20 Prozent Ermäßigung auf die Schulgebühren bekommen. „Schon jetzt haben wir Anmeldungen für das Schuljahr 2014/2015 und ich denke, dass wir auch bald die Situation unseres Sportkindergartens haben werden, wo die Eltern ihre Kinder kurz nach der Geburt schon anmelden“, meint Giselbrecht.

Die „Sterne des Sports“ – ein Riesen-Imagegewinn für den Verein

Der Erfolg bei den „Sternen des Sports“ hat der Freiburger Turnerschaft nicht nur geholfen, die Sportgrundschule finanziell anzuschieben. Vor allem haben sie dem Verein einen großen Imagegewinn gebracht. „Die Wirkung, die wir in den Medien durch die `Sterne des Sports´ erzielt haben war wirklich beachtlich. Sonst hat man als Breitensportverein ja große Schwierigkeiten sich in der Berichterstattung gegen den Leistungssport durchzusetzen“, beschreibt Giselbrecht, der lange Jahre für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Vereins zuständig war, seine Erfahrungen.

„Durch die Verankerung in den drei Ebenen Bronze, Silber und Gold hat der Wettbewerb, der von den lokalen Volksbank Raiffeisenbanken getragen wird, einen großen regionalen Bezug. Außerdem haben die hochkarätige Preisverleihung, die Anwesenheit des Bundespräsidenten und die ganze Atmosphäre die `Sterne des Sports´ in Gold schon zu einem ganz besonderen Erlebnis werden lassen“, schwärmt Giselbrecht.

Signalwirkung für die eigenen Mitglieder


„Aber auch der ideelle Wert, in Bezug auf die eigenen Mitglieder, ist nicht zu unterschätzen. Die öffentliche Anerkennung, die man für die gesellschaftliche Aufgabe erfährt, die man als großer Sportverein wahrnimmt hat uns schon geholfen, den Rückhalt für unser Vorhaben bei unseren Mitgliedern zu sichern. Immerhin war für die Sportgrundschule eine Vorschubfinanzierung von 700.000 Euro notwendig, die uns niemand wiedergibt – auch der Staat nicht. Das winkt man nicht so einfach durch,“ fasst Giselbrecht seine Erfahrungen zusammen.

Insgesamt hat uns die Auszeichnung „Sterne des Sports“ einen großen Schub nach vorne gegeben. Der Preis wirkt immer noch nach: Im Verein aber auch in der Öffentlichkeit oder bei Gesprächen mit möglichen Sponsoren.“


  • Mathematikunterricht der Spaß macht: In der Sportgrundschule der Freiburger Turnerschaft von 1844 e.V. sind Bewegungsspiele ein wichtiges Element (Foto: Freiburger Turnerschaft)
    Mathematikunterricht der Spaß macht: In der Sportgrundschule der Freiburger Turnerschaft von 1844 e.V. sind Bewegungsspiele ein wichtiges Element (Foto: Freiburger Turnerschaft)
  • Im Mittelpunkt des pädagogischen Konzepts steht "das bewegte Kind" (Foto: Freiburger Turnerschaft)
    Zahlenland