Ein Drachenboot für Rügen

Für den CJD Gesundheitssportverein Garz e.V. ist der Drachenbootsport der ideale Mix aus Spaß und Erlebnispädagogik.

Das Drachenboot vom CJD Garz Gesundheitssportverein e.V. beim Drachenbootrennen im Lauterbacher Hafen. Sportherapeut Michael Koenen sitzt als Schlagmann im vorderen Boot rechts. (Foto: CJD Garz Gesundheitssportverein e.V.)
Das Drachenboot vom CJD Garz Gesundheitssportverein e.V. beim Drachenbootrennen im Lauterbacher Hafen. Sportherapeut Michael Koenen sitzt als Schlagmann im vorderen Boot rechts. (Foto: CJD Garz Gesundheitssportverein e.V.)

Unter dem Titel „Der Drache breitet sich aus auf der Insel Rügen (Drachenbootsport)" hat der Sportverein aus Mecklenburg-Vorpommern seine Bewerbung für die „Sterne des Sports" 2013 bei der Pommerschen Volksbank eG eingereicht. Obwohl man am Ende im Landesfi-nale mit dem vierten Platz das Treppchen ganz knapp verfehlte, hat sich der Aufwand für die Bewerbung gelohnt, meint Sporttherapeut Michael Koenen, vor allem weil die „Sterne des Sports" eine öffentliche Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit darstellen.

Herr Koenen, Sie arbeiten als Sporttherapeut in der Fachklinik für Kinder und Jugendliche des Christlichen Jugenddorfs Garz, außerdem sind Sie Ansprechpartner für den CJD Garz Gesundheitssportverein e.V. Können Sie uns kurz erklären, wie das alles zusammenhängt?

In unserer Klinik werden Kinder und Jugendliche behandelt, die unter chronischen Atemweg-serkrankungen wie zum Beispiel Asthma leiden, die Neurodermitis haben oder mit Überge-wicht kämpfen. Natürlich setzen wir hier in der Therapie auch Sport ein.

2004 haben wir uns dann, angeregt durch das „Europäische Jahr Erziehung durch Sport" für ein Förderprojekt beworben und sind dann auch tatsächlich ausgewählt worden. Unser Ziel war es damals, einen Sportverein zu gründen, in dem auch Kinder und Jugendliche aus der näheren Umgebung Sport für sich entdecken können. Denn in der Klinik konnten wir nur Sport für die Kinder anbieten, die über den Rentenversicherungsträger und Krankenkassen als Patienten zu uns geschickt wurden, die meisten kommen aus städtischen Ballungsgebie-ten aus der ganzen Bundesrepublik. Für die Kinder aus unserem eigenen Bundesland und vor unserer Haustür konnten wir aber ohne einen eigenen Verein keinen Sport anbieten, obwohl sie es dringend nötig haben. Schließlich gehört die Adipositas-Quote bei Kindern und Jugendlichen aus Mecklenburg-Vorpommern zu den höchsten in ganz Deutschland.

Außerdem gab es damals hier in Garz und Umgebung keinen einzigen Verein, der Sportan-gebote für Kinder oder Jugendliche im Programm hatte, nicht einmal der Fußballverein. Erst durch unsere Initiative hat der Verein eine eigene Jugendabteilung aufgebaut und wir haben mit unserem Gesundheitssportverein zusätzliche Sportangebote geschaffen und über die Jahre auch genügend Übungsleiter gefunden.

Wie und warum hat Ihr Verein seine Leidenschaft für das Drachenbootfahren entdeckt?

Das Stichwort heißt hier Synergieeffekte. Das CJD bietet unter anderem Berufshilfemaß-nahmen an. 2002/2003 haben wir im Rahmen einer solchen Maßnahme den Ruderclub in Stralsund wieder auf Vordermann gebracht, haben Mauerwerk trockengelegt und bei anderen Reparaturen geholfen. Der Verein war dafür so dankbar, dass er wiederum uns etwas Gutes tun wollte. Neben Ruderern und Kanuten hat der Verein auch ein eigenes Drachenboot, das wir ausprobieren durften. Als der Ruderclub in Bergen dann das erste Drachenbootfestival ausgerichtet hat, haben wir vom CJD mit einer Mannschaft aus Patienten und Mitarbeitern teilgenommen. Auch beim Drachenbootrennen in Lauterbach gingen wir an den Start. Die Drachenboote dafür wurden immer aus Stralsund ausgeliehen.

Während auf dem Festland, also in Schwerin oder in Rostock, Drachenbootrennen wirklich Massen von begeisterten Zuschauern anziehen, ist der Drachenbootsport auf Rügen noch relativ unbekannt. Natürlich haben wir schnell angefangen, davon zu träumen, ein eigenes Drachenboot zu haben. Als wir dann das Angebot bekamen, vom Barther Drachenbootverein ein gebrauchtes Boot zu übernehmen, haben wir solange nach Sponsoren gesucht, bis wir das Boot 2011 zum Schnäppchenpreis kaufen konnten. Seitdem können wir regelmäßig trai-nieren und das zahlt sich aus: 2013 sind zwei Athletinnen unseres Vereins im Team des SV Breitling aus Rostock deutsche Meister im Drachenbootrennen über 1.000 Meter geworden.

Die Klinik des CJD Garz setzt den Drachenbootsport auch in der Therapie von chronisch Kranken ein. Wie sieht das genau aus und welchen Effekt hat das?

Während der Therapie in unserer Fachklinik machen wir den Kindern und Jugendlichen im-mer wieder erlebnispädagogische Angebote. Das reicht von Jonglage über eine Kinder- und Jugenddisco und Floorball bis hin zum Drachenbootfahren. Zum einen soll das natürlich Spaß machen. Zum anderen erleben Kinder, die unter Asthma, Neurodermitis oder Übergewicht leiden, oft Ausgrenzung und Mobbing. Im Drachenboot sitzen 20 Leute auf sehr engem Raum zusammen, es gibt eine klare Hierarchie und alle haben ein gemeinsames Ziel, dem sie sich unterordnen. Es geht um die Gruppe und nicht um den einzelnen. Außerdem haben im Drachenboot auch Anfänger schnell Erfolgserlebnisse. Selbst wer noch nie ein Paddel in der Hand hatte, kann nach einer kurzen Einweisung mit dem Boot förmlich über das Wasser fliegen.

Sie verleihen Ihr Drachenboot auch an Gruppen oder Firmen, die eine Teambuilding-Maßnahme suchen. Wieso ist das Drachenbootfahren dafür geeignet?

Das Drachenboot ist ein gutes Mittel, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Das gilt auch für Firmen oder Schulklassen. Wir freuen uns, dass die Schule aus Garz regelmäßig für ihre fünften Klassen unser Drachenboot mit Steuerleuten mietet, um auf dem Garzer See direkt vor der Haustür das Drachenbootfahren auszuprobieren. Durch unsere Zusammenarbeit mit dem Anglerverein Rügen, dem Anglerverband Mecklenburg-Vorpommern, der Feuerwehr Garz und der unteren Naturschutzbehörde sind wir der einzige Verein, der Wassersport auf dem Garzer See anbieten darf. Zwei Schulsozialarbeiter lassen sich gerade als Steuerleute ausbilden. Diese Synergieeffekte sind wichtige Puzzleteile für uns.

Sie sind im Landesfinale der „Sterne des Sports" in Silber 2013 knapp nicht aufs Treppchen gekommen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Preisverleihung am 7. Dezember 2013 im Rahmen der Landsturnschau in Rostock?

Die Preisverleihung der „Sterne des Sports" in Silber war eine tolle Veranstaltung. Es wird ja gern und viel darüber geredet, wie wichtig die ehrenamtliche Arbeit insgesamt ist, aber hier war die Hochachtung und Wertschätzung direkt zu spüren. Für mich ist aber auch der lan-desweite Austausch mit anderen Sportvereinen wichtig. Und in Rostock traf man nur enga-gierte Menschen, die viel Zeit und Hingabe für die gute Sache opfern. Ich finde es interessant, in diesem Rahmen zu sehen, welche Ideen es gibt und wo man selbst im Vergleich steht. Natürlich ist die Platzierung im Sport immer wichtig, aber bei den „Sternen des Sports" in Silber geht man wirklich mit dem Gefühl nach Hause, heute ist meine Vereinsarbeit ge-wertschätzt und anerkannt worden. Man kehrt mit neuer Energie zurück in seinen Wirkungs-kreis.

Hat sich die Arbeit, die Sie in die Bewerbung für die „Sterne des Sports" investiert haben, aus Ihrer Sicht gelohnt?

Wir vom CJD nehmen immer wieder an Ausschreibungen und Wettbewerben teil, wir haben also schon eine gewisse Routine, die uns hilft. Aber für mich sind solche Bewerbungen auch immer wieder eine gute Gelegenheit, die eigene Arbeit zu reflektieren und zusammenzufas-sen. Man sammelt konkrete Zahlen und Fakten und analysiert die eigenen Ziele.

Außerdem hat uns der Wettbewerb „Sterne des Sports" natürlich auch finanzielle Mittel ein-gebracht, die uns helfen. Wir sind ein Sportverein mit 200 Mitgliedern und nutzen die Prämie unter anderem dafür, um in den nächsten zwei Monaten mit Kinowerbung auf uns aufmerk-sam zu machen. Außerdem haben wir über die „Sterne des Sports" mit Rügen TV einen neuen Partner und mit dem Solarpark Garz einen neuen Sponsor gefunden, der uns beim Zusammenschnitt von Videomaterial für den Kinospot hilft.
 
Herr Koenen, vielen Dank.

(Quelle: wirkhaus)


  • Das Drachenboot vom CJD Garz Gesundheitssportverein e.V. beim Drachenbootrennen im Lauterbacher Hafen. Sportherapeut Michael Koenen sitzt als Schlagmann im vorderen Boot rechts. (Foto: CJD Garz Gesundheitssportverein e.V.)
    Das Drachenboot vom CJD Garz Gesundheitssportverein e.V. beim Drachenbootrennen im Lauterbacher Hafen. Sportherapeut Michael Koenen sitzt als Schlagmann im vorderen Boot rechts. (Foto: CJD Garz Gesundheitssportverein e.V.)